Die Wahrnehmung von Peak-Oil
Sunday, June 22nd, 2008
Themen in den Nachrichten durchlaufen Zyklen. Wenn ein Thema es einmal auf die Titelseiten geschafft hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein verwandtes Thema am nächsten Tag die Schlagzeilen beherrscht. Dieser Mechanismus funktioniert aber nicht nur auf kurzen Zeitskalen, sondern auch auf längeren. Ein besonders spektakuläres Ereignis weckt das Interesse der Öffentlichkeit, dann werden auch weniger spektakuläre Themen diskutiert. So erzeugt ein großes Erdbeben in China ein größeres Echo als ein Erdbeben in Pakistan, denn durch Tibet, die olympischen Spiele und das beeindruckende Wirtschaftswachstum ist Aufmerksamkeitsschwelle für Ereignisse in China geringer als jene für Pakistan. Im letzten Jahr hat der Stern Report den Weg für die vier Teile des IPCC Reports und des Klimawandels bereitet. Und spätestens seitdem ist der Klimawandel eine feste Größe in der öffentlichen Diskussion.
Google Trends: Vergleich der Suchanfragen “Erdbeben China” (Blau) und “Erdbeben Pakistan” (Rot)
In diesem Jahr ist durch die Steigenden Ölpreise und die Nahrungsmittelkrise die Endlichkeit der fossilen Rohstoffe und die Versorgung der Menschheit mit Nahrungsmitteln in den Blickpunkt geraten. Insbesondere hat in den letzten paar Wochen die Rezeption von Peak-Oil sich völlig verändert, während Anfang des Jahres die Zeit noch geschrieben hat:
Die Prognosen mancher Geologen haben sich bislang nicht erfüllt, wonach “Peak Oil” unmittelbar bevorstünde, [...]
Schreibt nicht mal ein halbes Jahr später SPIEGEL Online, das sicherlich weniger grüne Blatt:
Die Äußerungen von Total erinnern stark an die sogenannte Peak-Oil-Theorie.
SPON, 3.6.2008
Und nun beginnt eine Diskussion über Energiesicherheit und über nachhaltige Energieversorgung. Diese Diskussion kreist um die Frage, ist der anstieg der Ölpreise nun Peak-Oil, oder ist dieser Anstieg die Mutter aller Bubbles? Ist der Anstieg fundamental begründet oder eine Reaktion der Finanzmärkte auf die Dollarkrise? Die Antwort auf diese Fragen ist einerseits ein klares Ja, andererseits im Ramen dieses Postings nicht sonderlich relevant.
Interessanter ist, dass sich der Schwerpunkt der Veröffentlichungen von der Katastrophenschau auf die Ursachen verlegt hat. Der Frage, wie die Energieversorgung der Menschheit sichergestellt werden kann ohne mehr Probleme zu schaffen als zu lösen, wird heute mehr Raum eingeräumt. Diese generelle Richtung mag Zufall sein, ist aber trotzdem die richtige. Und im Gegensatz zu der obigen „Zyklentheorie“ gibt es natürlich die Möglichkeit, dass jeder einzelne und damit die gesamte Öffentlichkeit etwas bei der Lektüre lernt. Dann reflektiert die Entwicklung nicht eine zufällige Folge von Themen, sondern einen Prozess. Die Öffentlichkeit wird informierter und die öffentliche (und veröffentlichte) Diskussion wird niveauvoller je länger ein Thema in den Medien präsent bleibt.
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