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Zwei Thesen zum Rechtspopulismus

Monday, November 14th, 2011

In vielen Nachbarländern Deutschlands gibt es starke rechtspopulistische Parteien. In den Niederlanden wird sogar die Regierung von der PVV, der Partei Geert Wilders, geduldet. Den europäischen Rechtspopulisten ist eine deutlich islamfeindliche Gesinnung gemein, die sich durch 9/11 begründen lässt. Im Gegensatz dazu gibt es in Deutschland keine wahrnehmbare rechtspopulistische Partei, eine Besonderheit des deutschen Parteiensystems, die sich durch die deutsche Geschichte und durch die Rolle der Linkspartei als Protestpartei erklären lässt. Im Windschatten der Eurokrise erscheint es aber auch in Deutschland erfolgversprechend eine Populistische Partei zu gründen. Zumindest häufen sich die Warnungen.

  • Jens Berger, beleuchtet die Erfolgsaussichten einer deutschen Tea-Party, wesentlich getragen von Hans Olaf Henkel. (Teil II, siehe dazu auch Zeit.de)
  • Zeit.de berichtet über Versuche die Freien Wähler als Vehikel für eine D-Mark Partei zu nutzen.
  • Frank Rieger bloggt über eine Rückkehr Guttenbergs als Frontmann einer CDU Abspaltung.

Die diskutierten Szenarien sind im Detail unterschiedlich, ihnen gemein ist aber die Fixierung auf den Euro und auf die Eurokrise, anstatt auf 9/11. Daher wäre eine solche Parteie eher Wirtschaftsnational anstatt Xenophob. Das hilft diesen Parteien sich von Rechtsextremen abzugrenzen, sie können im Zweifel auf ihre marktwirtschaftliche Gesinnung verweisen, die von Nationalsozialisten nicht geteilt wird. Darüber hinaus versuchten bereits die Verteidiger des ehemaligen Bundesbankvorstands sich hinter scheinbar wissenschaftlichen Zahlen zu verstecken. Eine wirtschaftsnationale Partei kann diese Argumentationsmuster leicht übernehmen und auf das statistische Bundesamt, die Weltbank oder andere seriöse Zahlenlieferanten verweisen. Diese Abgrenzung ist nicht nur politisch wichtig, um dem Gegner die „Moralkeule“ zu nehmen, sondern es ist auch wichtig um dem kleinbürgerlichen Wähler die Selbsterkenntnis zu ersparen.

Die Wähler einer rechtspopulistischen Partei sind Spieltheoretisch interessant. Man kann sie als Spieler eines Spiels, das sie nicht gut kennen, interpretieren. Ein solcher Spieler kann keine langfristigen Strategien nutzen. Und er weiß auch nicht, ob das Spiel Kooperation eher belohnt oder Bestraft, er kann also nur auf seinen eigenen, kurzfristigen Gewinn schielen, nicht auf die Strategien der Mitspieler oder auf subtile Effekte. Konkret bedeutet das in der Eurokrise, lieber das unmittelbare eigene Risiko zu minimieren – kein Geld für Griechenland, keine Experimente mit der Zentralbank – anstatt den Preis für ein Europa zu bezahlen, dessen langfristiger Wert nicht unmittelbar bekannt ist. Ebenso liegt hierin eine Erklärung für die reinen Nützlichkeitserwägungen die Rechtspopulisten bei Ausländern anstellen. Auf der einen Seite die Forderung ausländische Fachkräfte ins Land zu lassen, sie sind unmittelbar nützlich. Auf der anderen Seite die Forderung kriminelle Ausländer schnell auszuweisen. Die Kosten einer ungerechten Justiz, die Ausländer anders behandelt als Deutsche, und die Kosten einer Menschenverachtenden Ökonomiesierung sind im Vergleich dazu subtil und langfristig.

Diese beiden Punkte unterscheiden den Rechtspopulistischen Wähler von echten Nazis. Ein eingefleischter Nazi folgt einer Ideologie die seine Handlungen begründet, er reagiert aus eingebildetem Wissen. Deshalb ist es für einen Nazi auch nicht wichtig sich auf dem Boden eines gesellschaftlichen Grundkonsenses zu Bewegen, er weiß das dieser Konsens falsch ist. Im Gegensatz dazu ist der Wähler der Rechtspopulisten zutiefst verunsichert und muss sich immer wieder versichern, dass er auf dem Boden dieses Konsens steht. Jeder Versuch ihn in die Extreme Ecke zu stellen erscheint ihm daher übermäßig schrill und ist letztlich kontraproduktiv.

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